Ab dem 1. Januar 2021 sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) auf Papier durch eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt werden. Die Einführung der eAU wurde auf den 1. Oktobar 2021 verschoben. Diese Neuregelung ist Teil eines umfangreichen Gesetzespakets, das der Bundestag Ende vergangenen Jahres verabschiedet hat. Die eAU ist ein zentraler Baustein der Telematikinfrastruktur-Anwendung KIM (Kommunikation im Medizinwesen). Die eAU ermöglicht die sichere, digitale Übermittlung einer AU-Bescheinigung vom Arzt/Zahnarzt an die Krankenkasse. Zusätzlich muss die Bescheinigung dem Patienten digital und/oder auf Papier zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollen zu einem späteren Zeitpunkt die Krankenkassen die AU-Bescheinigung dem Arbeitgeber digital zur Verfügung stellen.
Großes Potenzial für die Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
Jedes Jahr werden in Deutschland ca. 77 Millionen AU-Bescheinigungen ausgestellt – in 4-facher Ausfertigung: Für den Arbeitgeber, den Versicherten, die Krankenkasse und – als digitaler Beleg – für den Arzt. Das Potenzial, die Erstellung, den Versand sowie die Archivierung dieser mehr als 230 Millionen Belege pro Jahr zu digitalisieren und zu automatisieren, ist sehr groß.
Die Digitalisierung der AU-Bescheinigung / die eAU bietet zahlreiche Vorteile:
- Die eAU kann direkt aus Praxisverwaltungssystemen heraus erstellt und mittels KIM versandt werden – einfach, schnell und sicher.
- Medienbrüche werden vermieden: Das seither übliche ggf. fehleranfällige Einscannen bzw. manuelle Erfassen auf Empfängerseite entfällt vollständig.
- Das zeitkritische manuelle Versenden der AU-Bescheinigung vom Patienten an den Arbeitgeber entfällt vollständig – die Krankenkasse soll diese Aufgabe übernehmen.
- Prozesse werden beschleunigt und die Kosten für alle Beteiligten deutlich gesenkt.
Die Digitalisierung der AU-Bescheinigung in der Praxis
Dass ein digitales Verfahren zum Versand der AU-Bescheinigung grundsätzlich funktioniert, zeigt ein Pilotprojekt der Techniker Krankenkasse (TK), an dem rund 500 Ärzte in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordrhein-Westfalen teilgenommen haben. In diesem Pilotprojekt haben die teilnehmenden Ärzte die AU-Bescheinigung direkt aus ihrer Praxisverwaltung-Software heraus erstellt, und übermittelten diese digital an die entsprechenden Krankenkassen. Eine sechsstellige Zahl an Krankschreibungen ist auf diesem Weg bei der TK eingegangen.
Im Rahmen der technischen Pilotierung konnte der gesamte Ablauf von der Erstellung der eAU beim Arzt, die Übermittlung an den Kommunikationsserver der GKV, die Annahme und Verarbeitung bei den Krankenkassen sowie die Bereitstellung für die Arbeitgeber und der Abruf durch die Arbeitgeber erfolgreich getestet und die technische Machbarkeit bewiesen werden.
Primäre Voraussetzung für eine flächendeckende Umsetzung der eAU ist die Online-Anbindung der Ärzte im nennenswerten Umfang sowie die Verfügbarkeit des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) mit qualifizierter elektronischer Signatur (QES).
Die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bietet die Möglichkeit, den Online-Anschluss der Ärzte sowie die Nutzung der Telematik-Infrastruktur durch eine zentrale Mehrwertanwendung zu befördern, und auch in der breiten Öffentlichkeit die Mehrwerte der elektronischen Gesundheitskarte in den Vordergrund zu rücken. Zudem wird erstmalig die elektronische Kommunikation zwischen Leistungserbringern und Arbeitgebern durch eine Anwendung richtungweisend für andere Verfahren erschlossen.
Ab dem 1. Oktober 2021 soll das, was die TK in ihrem Pilotprojekt erprobt hat, flächendeckend umgesetzt werden. Nach einer Übergangsphase soll es dann voraussichtlich ab dem 1. Januar 2022 nur noch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben.
Schlanke und sichere Prozesse mit der eAU
Möglicher Ablauf bei Nutzung der eAU:
- Der Versicherte meldet sich telefonisch bei seinem Arbeitgeber krank und geht zum Arzt.
- Der Arzt erstellt die eAU in seinem Praxisverwaltungssystem, und sendet die Daten mittels der Telematikinfrastruktur-Anwendung KIM (Kommunikation im Medizinwesen) sicher an die Krankenkasse des Versicherten.
- Die Krankenkasse importiert die Daten der eAU in ihrem Verwaltungssystem und stößt ggf. Folgeprozesse (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, …) an.
- Die Krankenkasse informiert den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters und leitet die Informationen zu Beginn und voraussichtlicher Dauer der AU an den Arbeitgeber weiter.
- Bis auf weiteres erhält der Versicherte als Nachweis noch einen Ausdruck. Allerdings soll dieser ebenfalls abgeschafft werden, sobald ein digitales Äquivalent mit gleichem Beweiswert zur Verfügung steht.
Technische Voraussetzungen zur Nutzung der eAU
Die technische Voraussetzung zur Nutzung der eAU ist die Nutzung der Telematikinfrastruktur-Anwendung KIM mittels eines autorisierten KIM-Anbieters.
Ergänzend sind folgende Dienste und Komponenten erforderlich:
- Vertrag mit einem zugelassenen KIM-Anbieter
- Client-Modul für KIM (wird vom Anbieter gestellt)
- eHealth-Konnektor
- PVS-Modul für eine einfache Integration und Nutzung des KIM-Dienstes direkt im Praxisverwaltungssystem
- eHBA (elektronischer Heilberufsausweis) mindestens der Generation 2.0 für die qualifizierte elektronische Signatur beim Versand etwa von eArztbriefen
Fazit und Ausblick
Neben der Vereinfachung des Verfahrens soll der digitale Weg auch dabei helfen, Tonnen von Papier einzusparen und auf diese Weise die Umwelt zu schonen.
„Die Zahlen belegen eindrucksvoll, dass die eAU von Ärzten und Versicherten angenommen und genutzt wird. Die Vorteile liegen dabei klar auf der Hand: Die Ärzte schicken die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit einem Klick an die Krankenkasse. Die Patienten können sich so auf ihre Gesundheit konzentrieren und müssen sich nicht damit beschäftigen, die Bescheinigungen einzuscannen oder in die Post zu geben. Auch das Risiko, das Einreichen zu vergessen, entfällt damit“, sagt Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse.
Der VDDS setzt Standards
Mit einer ganzen Reihe von Schnittstellen unterstützt der VDDS die sichere und verlässliche Vernetzung sowie den Datenaustausch zwischen den Teilnehmern. Der VDDS verfügt über eigene Schnittstellen, die allen Mitgliedern zur Verfügung stehen und teilweise auch frei verfügbar sind. Er arbeitet zusätzlich aktiv an der Spezifikation von Schnittstellen mit, die außerhalb des Verbandes entstehen.
Ohne Standards und Schnittstellen wäre der Datenaustausch und –abgleich zwischen Praxen, Kliniken und Krankenkassen nicht möglich.
Quellen: Abschlussbericht „Pilotierung einer technischen Lösung für die Übermittlung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)“ des Bundesgesundheitsministeriums, krankenkasseninfo.de, digitales-gesundheitswesen.de